Wir wissen nicht, wo wir sind – oder doch? Ein Blick auf unsere kosmische Reise

Stell dir vor, du sitzt gemütlich im Café, trinkst deinen Cappuccino – und gleichzeitig rasen du, dein Stuhl und die ganze Erde mit unfassbarer Geschwindigkeit durch das Universum. Spürst du nichts? Genau darin liegt das Faszinierende: Unser Platz im All ist nicht absolut. Er ist Teil mehrerer ineinander verschachtelter Bewegungen. In diesem Blogpost schauen wir uns an, wie schnell wir uns wirklich bewegen – von der Erdrotation bis zur galaktischen Reise – und warum wir unsere „Position im Universum“ streng genommen nicht kennen.

Kein absoluter Ruhepunkt

Seit Einsteins Relativitätstheorie gilt: Bewegung ist immer relativ. Es gibt keinen absoluten Stillstand. Wenn wir also fragen „Wo sind wir?“, müssen wir immer dazusagen: relativ zu welchem Bezugssystem? Unser Standort ist also nie absolut – sondern immer eine relative Aussage.

Die erste Bewegung: Erdrotation

Die Erde dreht sich in 24 Stunden um die eigene Achse. Die Geschwindigkeit hängt vom Breitengrad ab und ist am Äquator am höchsten:

  • Äquatorgeschwindigkeit: rund 1.674 km/h (465 m/s). Bei Amberg sind es etwa 1.089 km/h und bei München ca. 1.117,4 km/h.

Das bedeutet: Wenn du am Äquator stehst, fliegst du im Prinzip mit einem Düsenjet-Tempo um die Erdachse – ohne es zu merken.

Die zweite Bewegung: Umlauf um die Sonne

Unsere Erde kreist einmal im Jahr um die Sonne. Dabei bewegen wir uns mit beeindruckender Geschwindigkeit:

  • Bahngeschwindigkeit: etwa 29,78 km/s – das entspricht rund 107.000 km/h.

Mit jedem Tag legt die Erde also Millionen von Kilometern auf ihrer Bahn zurück.

Die dritte Bewegung: Die Sonne um das Milchstraßenzentrum

Auch die Sonne ist nicht stationär. Sie kreist mit dem gesamten Sonnensystem um das Zentrum der Milchstraße:

  • Geschwindigkeit: rund 230 km/s (etwa 828.000 km/h)

  • Ein Umlauf dauert etwa 225–250 Millionen Jahre – ein „galaktisches Jahr“

Die Sonne hat seit ihrer Entstehung also nur gut 20 Umläufe geschafft.

Die vierte Bewegung: Unsere Galaxie unterwegs

Selbst die Milchstraße steht nicht still. Unsere „Lokale Gruppe“ von Galaxien bewegt sich im Raum:

  • Geschwindigkeit relativ zum kosmischen Hintergrund: etwa 600 km/s – das sind über 2 Millionen km/h

  • Richtung: grob in Richtung des sogenannten „Großen Anziehers“ (Great Attractor), einer massereichen Region im Sternbild Centaurus

Damit rast unsere ganze Galaxie durch den Kosmos.

  • Zusammengenommen – wie schnell sind wir wirklich?

Die einzelnen Bewegungen addieren sich nicht einfach arithmetisch, da sie unterschiedliche Richtungen haben. Doch die Größenordnung ist klar:

  • Erdrotation: ~0,5 km/s

  • Erdumlauf: ~30 km/s

  • Sonnenbahn: ~230 km/s

  • Milchstraßenbewegung: ~600 km/s

Das bedeutet: Die größten Beiträge stammen von den Bewegungen auf galaktischer Ebene. Wir „sitzen“ also in einem Raumschiff, das mit hunderten Kilometern pro Sekunde unterwegs ist.

Wie genau kennen wir unsere Position?

Obwohl es keinen absoluten Standort gibt, bestimmen Astronomen unsere Position mit atemberaubender Präzision:

  • Auf der Erde: GPS lokalisiert uns bis auf wenige Meter

  • Im Sonnensystem: Raumsonden navigieren bis auf Kilometer genau durch Milliarden Kilometer Raum

  • In der Milchstraße: Die ESA-Mission Gaia kartiert die Positionen von Milliarden Sternen

  • Im Kosmos: Der CMB zeigt uns unsere Bewegungsrichtung relativ zum gesamten Universum

Wir wissen also sehr genau, wo wir sind – immer relativ zu einem gewählten Bezugssystem.

Warum wir nichts spüren

Wir fühlen von alldem nichts, weil konstante Geschwindigkeit keine spürbaren Kräfte erzeugt. Erst Beschleunigungen machen sich bemerkbar. Da wir uns gleichmäßig mit der Erde, der Sonne und der Milchstraße bewegen, nehmen wir die enorme Geschwindigkeit nicht wahr.

Ein Perspektivwechsel

Wenn wir sagen „Wir wissen nicht, wo wir sind“, klingt das zunächst beunruhigend. In Wahrheit bedeutet es: Es gibt kein absolutes „wo“ – nur Relationen. Für den Alltag reicht GPS. Für Astronomie und Raumfahrt gibt es präzise Koordinatensysteme. Und für das Staunen reicht die Vorstellung, dass wir alle zusammen in einem winzigen Spiralarm einer Galaxie sitzen, die mit über zwei Millionen Stundenkilometern durch den Kosmos fliegt.

Fazit: Unser Platz im All

Wir sind Reisende auf mehreren Ebenen:

  • ein Planet, der sich dreht

  • der um eine Sonne kreist

  • die wiederum die Galaxis umrundet

  • die selbst durch den Kosmos rauscht

Es gibt keinen festen Ankerpunkt – nur Bezugssysteme, in denen wir unsere Position beschreiben können. Und vielleicht ist gerade das das Faszinierende: Wir wissen unglaublich viel über unsere Bewegungen, und gleichzeitig erinnert uns die Relativität daran, dass „wo“ immer eine Frage des Blickwinkels ist.

Wir wissen nicht wo oben und unten ist, denn im Weltraum gibt es kein absolutes „oben“ oder „unten“.

Warum?

  • Keine absolute Richtung:

    „Oben“ und „unten“ sind Begriffe, die auf der Erde durch die Schwerkraft geprägt sind. Wir empfinden „unten“ als die Richtung zum Erdmittelpunkt und „oben“ als davon weg. Im freien Weltraum, weit weg von einer dominanten Gravitation, fehlt dieser eindeutige Bezug.

  • Alles ist relativ:

    Physikalisch gibt es nur Richtungen relativ zu Koordinatensystemen, die man festlegt. Zum Beispiel: „oben“ könnte man als „Nordpolrichtung der Erde“ definieren, oder relativ zur Milchstraße, oder relativ zur kosmischen Mikrowellenhintergrundstrahlung. Aber das sind willkürlich gewählte Bezugssysteme – keine universellen Vorgaben.

  • Astronauten-Perspektive:

    In der Internationalen Raumstation (ISS) sprechen die Astronauten durchaus von „oben“ und „unten“ – aber das ist rein praktisch und hängt davon ab, wie die Module eingerichtet sind (Schränke, Bildschirme, Lampen etc.). Für das Auge und Gehirn ist es angenehmer, wenn man ein „oben“ vereinbart, auch wenn es physikalisch egal ist.

  • Kosmische Orientierung:

    Für die Astronomie gibt es „Nord“ und „Süd“ durch die Definition der Himmelsnordachse (Richtung der Erdachse). Auch unsere Milchstraße hat eine gedachte „galaktische Nordrichtung“. Aber das ist nur ein Koordinatensystem – es gibt kein „absolutes Nord“.

Im Universum existiert kein natürliches, universelles „oben“ oder „unten“.

Alles, was wir als solche Richtungen bezeichnen, hängt vom Bezugssystem ab: Erde, Sonnensystem, Milchstraße, oder einfach von der Vereinbarung innerhalb einer Raumstation.


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Bald, Dult in Amberg