Winter im Eichenhain – Ein stiller Ort, der Geschichten erzählt
Es ist Winter geworden im Eichenhain. Jener Ort, den ich seit Jahren immer wieder aufsuche – im Sommer voller Hoffnung, vielleicht doch einmal einem Hirschkäfer zu begegnen, und nun im tiefen Winter, um seine stille Seite zu erleben. Die uralten Eichen, sonst von dichtem Laub umhüllt, stehen nun nackt und würdevoll im Schnee. Ihre gewaltigen Kronen zeichnen dunkle Linien in den grauen Himmel, als würden sie die Winterruhe mit ausgebreiteten Armen empfangen.
Am Samstag war ich wieder dort, diesmal mit der Kamera. Der Boden war von einer feinen Schneedecke überzogen, die jeden Schritt gedämpft hat. Die Kälte brachte eine klare, fast kristalline Atmosphäre mit sich, und die Stille war so dicht, dass sie sich fast greifen ließ. Die mächtigen Eichen, viele Jahre alt, wirkten an diesem Tag noch eindrucksvoller – entblößt von Blättern, aber reich an Textur, Geschichte und Charakter.
Während ich fotografierte, kamen mir unweigerlich all die Sommer in den Sinn, die ich hier verbracht habe. Auf der Suche nach Hirschkäfern, diesen urtümlichen, fast mythischen Wesen. Nie habe ich einen gefunden – und gerade das macht vielleicht den besonderen Zauber aus. Es ist ein Ort voller Erwartung, voller Geschichten, die man nicht immer zu Gesicht bekommt, und gerade deshalb immer wieder einen Besuch wert.
Die winterliche Ruhe legt nun eine ganz andere Schicht über den Hain. Statt summender Insekten gibt es nur das sanfte Knacken gefrorener Äste, das leise Rauschen des Windes und das Knirschen des Schnees unter den eigenen Schuhen. Die Eichen ruhen – und mit ihnen ruht alles, was im Sommer so lebendig wirkt.
Der Winter zeigt den Eichenhain in einer seltenen Klarheit. Ohne Blätter, ohne Ablenkung, offenbart sich die uralte Struktur der Bäume, ihre Verwachsungen, Narben und Formen. Es ist, als könne man ihre Geschichte besser lesen, wenn die sommerlichen Schleier gefallen sind.
Ich freue mich schon darauf, diesen Ort im nächsten Sommer wieder zu besuchen – vielleicht wird es dann endlich der Moment sein, in dem ein Hirschkäfer seinen Weg kreuzt. Und bis dahin bleibt die Erinnerung an diesen stillen, verschneiten Vormittag. Ein Ort, der selbst im Winter voller Leben ist – nur eben auf eine leise, sanfte Art.